Ein neuer U-Bahn-Plan für London

London Tube and Rail

Neue Rail and Tube Map von mir

London nur Tube 04-2019 klein

Neue Standard Tube Map von mir

London, Frühjahr 2018: ich habe viele Wege mit U-Bahn und Vorortzügen zurückgelegt und meine besondere Aufmerksamkeit natürlich auch den von Transport for London (TfL) gestalteten schematischen Netzplänen geschenkt. Obwohl sie als Designklassiker gelten, war ich nicht zufrieden und störte mich sowohl am unübersichtlichen Gesamteindruck als auch an einzelnen Linienführungen. Das kann man besser machen!

Neben der Standard Tube Map, dem Netzplan nur für das U-Bahn-Netz (Underground/Tube), der allerdings auch die Overground-Linien (die an einigen Abschnitten auch unterirdisch fahren), die Docklands Light Railway (DLR), die beiden von TfL betriebenen Vorortzüge, die Tram und das Emirates Cable Car enthält, gibt es auch die Rail and Tube Map, einen erweiterten Netzplan, der zusätzlich noch die Vorortzüge der verschiedenen Eisenbahngesellschaften enthält, die, obwohl privatisiert, zusammen als „National Rail“ bezeichnet werden. Der sieht zwar naturgemäß unübersichtlicher aus, ist aber unverzichtbar für Leute, die nicht in der Nähe einer U-Bahn-Station wohnen oder ihr Ziel haben.

London hat die älteste U-Bahn (1863), und dort wurde zum ersten Mal (in den 1930er Jahren, Grafik von Harry Beck) ein Liniennetzplan eingeführt, der sich von der geographisch richtigen Darstellung löst und in schematischer Art nur Bahnhöfe und Bahnlinien sowie die Themse darstellt. Solche Netzpläne sind heute in vielen Städten üblich: die Linien sind durch unterschiediche Farben charakterisiert und laufen nur waagerecht, senkrecht oder 45°/135° schräg, bei den Bahnhöfen sind die Umsteigestationen gegenüber den anderen Stationen stark hervorgehoben. Die Innenstadt, wo die Linien- und Stationsdichte am größten ist, ist maßstäblich vergrößert, dagegen sind die Stationen an den in die Außenbezirke führenden Linien enger zusammen, obwohl sie in Wirklichkeit meistens weiter auseinander liegen. Diese Netzpläne sollen mit der übersichtlichen Darstellung die Fahrgäste schnell erkennen lassen, welche Linie sie nehmen müssen und wo sie ggf. umsteigen müssen, um von der momentanen Station zum Zielbahnhof zu kommen. Gut gestaltete Netzpläne sind außerdem schön anzusehen und können zu einem Symbol für ihre Stadt werden.

Die Netzpläne der Londoner U-Bahn mit den anderen Bahnen

London Tube 2019 klein

Standard Tube Map; Quelle: https://tfl.gov.uk/maps (Ausschnitt; 2019)

London Rail and Tube 2019 klein

Rail and Tube Map; Quelle: https://tfl.gov.uk/maps (Ausschnitt; 2019)

Charakteristisch für die Londoner Netzpläne von TfL ist außerdem:

  • Linien haben keine Ecken, sondern Kurven – diese Kurven sind nie an einer Station, sondern immer vor oder hinter einer Station. Linien, die abwechselnd auf denselben Gleisen verkehren, berühren sich im Netzplan (gilt nur für die 11 Underground-Linien).
  • Neben den unterschiedlichen Farben für die U-Bahn-Linien gibt es je eine Farbe für alle Overground-, DLR- und Tram-Strecken und bei den Vorortzugstrecken je eine Farbe für alle Strecken einer Eisenbahngesellschaft.
  • In der Tube Map sind die 11 Underground-Linien jeweils einfarbige Linien, alle anderen Linien haben eine weiße Füllung. In der Rail and Tube Map sind alle Linien aus der Tube Map einfarbige Linien, während die Linien der Vorortzüge mit einer weißen Strichelung gefüllt sind (die „klassische“ Eisenbahn-Signatur), durchgehend weiße Füllung wird hier verwendet für nur zu bestimmten Zeiten befahrene Linienabschnitte.
  • Umsteigestationen sind Kreise mit weißer Fläche und schwarzem Rand. Muss man beim Umsteigen einen längeren Fußweg zurücklegen, sind zwei (oder mehrere) Kreise mit einem schmalen, die Kreisränder durchbrechenden Rechteck verbunden. Muss man einen sehr langen Fußweg zurücklegen, sind zwei (oder mehrere) Kreise mit einer gestrichelten Linie miteinander verbunden, in der Legende als „under a 10 minute walk“ bezeichnet. Stationen ohne Umsteigemöglichkeit sind kleine, an einer Seite der Linie klebende quadratische Knubbel in der Farbe der Linie; Endstationen bestehen aus an beiden Seiten klebenden Knubbeln, dadurch entsteht ein T-förmiger Abschluss.

Meine Neugestaltung des Londoner Netzplans für U-Bahn und andere Bahnen

  • Die von mir neu gestalteten Netzpläne für Tube sowie Rail and Tube versuchen, sich nicht so weit von der geographischen Richtigkeit zu entfernen, wo es für die Klarheit der Linienführung nicht nötig ist, und ist z.T. anders gestaltet:
  • Farbgebung Rail and Tube Map: U-Bahn-, DLR- und Tram-Linien sind in kräftigen Farben, weil sie in der Regel in dichter Taktfolge fahren, die Linien der Vorortzüge und die Overground-Linien sind in blasseren Farben als Hinweis darauf, dass sie in der Regel seltener fahren, außerdem sind sie ein klein bißchen schmaler, so dass nebeneinander laufende Linien einen ganz dünnen Abstand haben, weil sich die blassen Farben nicht stark genug unterscheiden; Farbgebung Tube Map: wie im Original;
  • Fahrplantakt: U-Bahn-Linien bzw. -Linienabschnitte, auf denen etwas seltener gefahren wird, erhalten je nach Takt eine schmale weiße Strichlierung: je seltener die Fahrten, desto länger die Striche und desto kürzer der Abstand zwischen den Strichen, damit man als Fahrgast weiß, wo man eventuell mit längeren Wartezeiten zu rechnen hat (die Warterei vor dem Einsteigen und beim Umsteigen ist das Schlimmste beim Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln); bei den Vorortzügen erhalten die wenigen Streckenabschnitte mit häufigen Fahrten eine kräftigere Färbung in der Mitte der Linie;
  • Umsteigestationen können langgestreckt sein (stadionförmig), damit alle Linien, in die ohne längere Wege umgestiegen werden kann, von dem Symbol berührt werden können; Umsteigeempfehlungen mit sehr langen Wegen gibt es bei mir nicht;
  • Endstationen haben ein Kreissymbol wie Umsteigestationen, das aber deutlich kleiner ist;
  • Stationen können schräg (45°/135°) beschriftet sein;
  • Fare zones sind nicht eingezeichnet, um die Karten so übersichtlich wie möglich zu halten – außerdem braucht man sie unterwegs nicht, man steigt am Zielbahnhof aus, egal wieviele Fare zones man durchfahren muss;
  • Der Heathrow Express gehört nicht zum Fahrpreisverbund aller anderen Linien (eigene Tickets, keine Oyster Card), deshalb ist seine Linie dünner.

Ich habe geplante / im Bau befindliche Linien(abschnitte) bereits eingezeichnet: Der geplante Abzweig der Northern Line (schwarz) von Kennington nach Battersea Power Station, die geplante Verlängerung der Overground-Linie (orange) von Gospel Oak über Barking nach Barking Riverside, und vor allem die im Bau befindliche Unterquerung der Innenstadt von Paddington über Liverpool Street nach Stratford (nordöstlicher Zweig) und nach Abbey Wood (südöstlicher Zweig) durch Vorortzüge von TfL, genannt Crossrail oder Elizabeth Line (blau; Eröffnung Ende 2019).

Was ich an den offiziellen Londoner U-Bahn-Netzplänen schlecht finde

Die folgenden Kartenausschnitte mit meinen Ergänzungen zur Verdeutlichung der Mängel basieren auf den offiziellen Netzplänen von TfL und – für den Vergleich mit der Realität – auf den Karten von Openstreetmap (Lizenz CC-BY-SA 2.0).

London Rail and Tube TfL Anmerkungen klein

Rail and Tube Map; Quelle: https://tfl.gov.uk/maps (Ausschnitt, ergänzt; 2019)

  1. Der Innenstadtbereich, durch die Circle Line (gelb) begrenzt, sieht in den TfL-Netzplänen aus wie eine liegende Flasche mit der Öffnung nach rechts. Schöne Form mit Wiedererkennungswert, aber es fällt sofort auf und ärgert die Betrachter, dass die Biegungen der Linien und der Themse ganz anders als in der Realität sind.
    Anmerkung 1 gross
    Die Themse und die am Nordufer parallel laufenden Linien District (grün) und Circle (gelb) kommen von Südsüdwest, vorbei an der Station Westminster, machen im Bereich der Stationen Embankment und Temple eine weite Kurve nach rechts und fließen/laufen dann fast geradlinig Richtung Osten.
    Im TfL-Netzplan dagegen haben die Themse und die zu ihr parallelen Linien von schräg unten kommend vor der Station Westminster einen Knick nach rechts in Richtung Osten, vor Temple einen Knick schräg nach oben und vor Mansion House (Themse) bzw. nach Cannon Street (Tube-Linien) wieder einen Knick zurück nach rechts. Warum so krass falsch? Vielleicht hatte sich der Gestalter selbst verboten, Stationsnamen schräg zu stellen, und wusste dann nicht, wie er/sie die Stationsnamen Temple, Blackfriars, Mansion House und Cannon Street an einer waagerechten Linie unterbringen sollte, oder die Form der „Flasche“ war einfach zu schön.

    Anmerkung 2 gross
  2. Die Linien Northern (schwarz) und Bakerloo (braun) laufen parallel von Charing Cross über Embankment bis Waterloo. Bei den beiden letzteren Stationen liegen die Bahnsteige der beiden Linien nahe beieinander, so dass Umsteigen einfach ist, bei Charing Cross liegen sie weit auseinander, so dass Umsteigen längere Wege erfordert. Dort wäre also ein Symbol aus zwei miteinander verbundenen Kreisen angebracht. Der TfL-Netzplan macht es jedoch genau umgekehrt: bei Charing Cross ist für die beiden U-Bahn-Linien nur ein Kreis, bei dem sie sich kreuzen, bei Embankment und Waterloo sind die beiden U-Bahn-Linien jeweils mit zwei miteinander verbundenen Kreisen verknüpft.

    Anmerkung 3 gross
  3. Bei Paddington sind die Bahnsteige von Circle (der bei Edgware Road beginnende Zweig; gelb) und District (grün) dieselben, und der von Bakerloo (braun) ist in der Nähe. Der Bahnsteig von Circle (Zweig nach Hammersmith; gelb) und Hammersmith & City (pink) ist dagegen weiter nördlich, Umsteigen dorthin erfordert längere Wege. In der Tube Map von TfL ist jedoch der Kreis für Bakerloo ganz weit entfernt vom Kreis für District und Circle (Edgware-Zweig). In der Rail and Tube Map gehen Bakerloo und Circle/District durch denselben Kreis, aber dafür verläuft Bakerloo von Edgware Road über Marylebone nach Baker Street parallel südlich der Linien Circle/Hammersmith & City, obwohl sie in Wirklichkeit parallel nördlich davon verläuft.

  4. In der Tube Map und mehr noch in der Rail and Tube Map von TfL sind viele „under a 10 minute walk“-Umsteigemöglichkeiten (gestrichelte Linie zwischen den Stationen) verzeichnet, von denen einige aber bis zu mehreren Hundert Metern auseinander liegen – solche Vorschläge für zeit- und kraftraubendes Umsteigen sind für die Fahrgäste unzumutbar. Beispiele: entlang der Overground-Linie von Willesden Junction nach Barking: Finchley Road & Frognal / Finchley Road (400 m), Upper Halloway / Archway (400 m), Harringay Green Lanes / Harringay (400 m), South Tottenham / Seven Sisters (300 m), Walthamstow Central / Walthamstow Queen’s Road (300 m), Wanstead Park / Forest Gate (300 m); Bow Church / Bow Road (300 m); entlang der Overground-Linie von Highbury & Islington nach West Croydon: New Cross Gate / New Cross (500 m), Penge West / Penge East (600 m); andere Linien im Süden: Clock House / Beckenham Road / Kent House (300 m / 400 m), Whyteleafe / Upper Warlingham (250 m), South Wimbledon / Morden Road (700 m), East Putney / Putney (500 m); vom Zentrum nach Nordwesten: Euston / Euston Square (250 m), South Hampstead / Swiss Cottage (350 m), Kenton / Northwick Park (500 m); im Norden: Bounds Greeen / Bowes Park (300 m), Camden Town / Camden Road (400 m).

  5. Das Umsteigen bei Shadwell und bei Shepherd’s Bush ist einfach (100 m bzw. 150 m) – deshalb halte ich, anders als TfL, nur einen Kreis für diese Stationen für richtig.

    Anmerkung 6 gross
  6. Der Grundsatz, dass die Linien ihre Richtungswechsel nicht genau an den Stationen machen, ist von TfL bei der Station Euston nicht eingehalten: dort knickt der östliche Zweig der Northern Line (schwarz) genau an der Station ab, die eine Hälfte der 90°-Kurve ist verdeckt.

  7. Das Emirates Cable Car ist im TfL-Netzplan mit zwei Kurven gezeichnet, obwohl es in Wirklichkeit natürlich, seilbahntypisch, geradlinig läuft – so sollte man es auch darstellen.

    Anmerkung 8 gross
  8. Die Overground-Linie von Gospel Oak nach Barking (in West-Ost-Richtung; orange) läuft bei der Station South Tottenham in Wirklichkeit südlich von Victoria Line (blau) mit den Stationen Seven Sisters und Tottenham Hale. Im TfL-Netzplan läuft Overground mit der Station South Tottenham jedoch nördlich von Seven Sisters / Tottenham Hale – das geht gar nicht!

    Anmerkung 9 gross
  9. Die Station Bethnal Green von Central (rot) liegt nördlich der Station Bethnal Green von Overground (von Liverpool Street Richtung Norden; orange). Im TfL-Netzplan ist es umgekehrt – sollte man nicht machen. Linien sollte man nur dann auf der (in Bezug zu einer anderen Linie) falschen Seite laufen lassen, wenn sie keine Stationen in diesem Abschnitt hat.

  10. Die Stadt Grays, letzte Station der c2c-Linie (südöstlicher Zweig, rosa), liegt direkt an der Themse – in der Rail and Tube Map von TfL aber viel weiter nördlich.

  11. Zwei Stationen im selben Stadtteil, die zu unterschiedlichen Linien gehören, sollten im Netzplan nicht extrem weit auseinander liegen. Das ist aber bei TfL der Fall bei Watford (Metropolitan; weinrot) / Watford Junction (Overground; orange).

  12. Die Rail und Tube Map sieht durch die weißen Strichlierungen der Vorortzuglinien sehr unübersichtlich aus, und die einfachen Stationen an diesen Linien gehen optisch fast unter.

Zum Vergleich das gesamte Liniennetz mit den realen Linienverläufen:

London Tube and Rail geo

Basis: Openstreetmap (Lizenz CC-BY-SA 2.0)

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